Eröffnungsveranstaltung
Die Auftaktveranstaltung des Themenjahres “Hier stehe ich” und der Veranstaltungsreihe Widerstandsräume: Friedliche Revolution begann am Sonntag dem 6. April in der Berliner Zionskirche. Eine bedeutende Ortswahl, da die Zionskirche und die nahe gelegene Umweltbibliothek ein zentraler Punkt der kirchlichen Protestbewegung gegen das DDR-Regime zwischen 1949 und 1989 darstellten.
So erlebte es auch Dr. Margot Käßmann, die mit ihrer Andacht am Sonntagmorgen das Themenjahr eröffnet:
“In der […] Diktatur der DDR war die Zionsgemeinde für viele ein Ort der offenen Rede, vor allem in den 80er Jahren. Die Umweltbibliothek steht symbolisch dafür, dass hier die Türen geöffnet wurden für Redefreiheit, Gedankenfreiheit, auch wenn es sehr wohl Angst gab vor Bespitzelung durch die Stasi, auch die Frage, was darf die Kirche. Das war sehr mutig und darauf können Sie stolz sein. Es ist wichtig, dass diese Erinnerung 25 Jahre nach der friedlichen Revolution mit der Ausstellung hier wach gehalten wird”
Sie erörtert in ihrer Predigt den Lutherschen Ausspruch „Hier stehe ich“. Diese drei Worte wurden zum Manifest, seine Überzeugung und seinen Willen auch bei Androhung von Strafe durch die Obrigkeiten nicht zu beugen. Ein Wahlspruch, der zweifelsohne auch zu den Helden der stillen Revolution während der DDR passt.
So Margot Käßmann: “Am Ende waren es diejenigen, die den Widerstand wagten, die für unsere Kirche zu Vorbildern wurden. Diejenigen, die sich angepasst haben, das Leid ignorierten, die Opfer missachteten – sie zählen zur Geschichte von Schuld und Versagen, die unsere Glaubenstradition leider auch kennt”
Begleitet wurde die Predigt von dem Chor OPUS VOCALE.
–> Predigt Margot Käßmann zum Herunterladen
Im Anschluss an die Worte der Pfarrerin kletterten wir hinauf auf die Empore der Zionskirche. Beschienen vom Sonnenlicht, das durch die wunderschönen Kirchenfenster fiel, sahen uns die Gesichter vieler Hauptakteure der ostdeutschen Widerstandsbewegung an.
Die Ausstellung “Gesichter der Freidlichen Revolution” ist ein Projekt des Fotografen Dirk Vogel.
Nach der Begrüßung durch den Schirmherren des Themenjahres Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident des Landes Brandenburg, übernimmt um halb zwölf Prof. Dr. Paul Nolte, der Präsident der Evangelische Akademie zu Berlin, das Wort. Er würdigt die Akteure der Revolution und macht auf den Preis aufmerksam, den viele von ihnen für ihre Standhaftigkeit zahlten:
“Überhaupt, „Friedliche Revolution“? Ja gewiss, ohne Barrikadenkämpfe, blutige Straßenschlachten, im Geiste des zivilen Ungehorsams. Aber im Blick auf diese Biographien muss man sich vor einer Verniedlichung hüten. Die Nonkonformität, der Protest bargen ein manifestes Risiko. Die Gewalt des Regimes schwebte nicht nur als Drohung über jedem Einzelnen. Viele, vielleicht die meisten der Porträtierten sind verhaftet und verhört worden, haben kürzere oder längere Zeit im Gefängnis verbracht. Die Sicherheit der eigenen Lebensführung und die der Familie, die eigene Existenz, all das stand immer wieder auf dem Spiel. Diese Friedliche Revolution war keineswegs eine harmonische Machtübergabe, sondern entwickelte sich in scharfen Konflikten, mit Ecken und Kanten. Mir scheint, dass auch davon die Gesichter, die Fotografien Dirk Vogels, erzählen.”
Auch die Schlussworte Noltes sind so eindrücklich und bedürfen wohl kaum einer weiteren Erklärung:
“Was ist aus den stillen Helden von damals geworden? […] Alle sind ihren individuellen, ganz charakteristischen Weg weitergegangen. […] Diese Menschen haben nicht nur die DDR verändert und das SED- Regime zum Einsturz gebracht. Sie haben, obwohl sie oft keineswegs zuerst an eine Wiedervereinigung dachten, seit fast einem Vierteljahrhundert das ganze Land geprägt, und prägen es an vielen Stellen weiterhin. Der Rückblick ist deshalb, zum Glück, kein nostalgischer. Denken Sie daran, wenn Sie gleich in die Gesichter der Friedlichen Revolution blicken.”
–> Ansprache Prof. Dr. Paul Nolte zum Herunterladen
Film: BZ online vom 07.04.2014 Die DDR ist tot Stephan Krawczyk singt noch immer